Die Shave-and-Shoot-Out-Szene im Barber Shop gehört in den klassischen Westernfilm wie Revolver, Whiskey, Winchester und Dynamit. Auch die Pullman City Harz – die auf 200.000m2 historisch korrekt und aufwändig rekonstruierte und mit pulsierendem Leben gefüllte Westernstadt – hat natürlich einen solchen Barber Shop. Ihr würdiger Herr und Inhaber ist der Historical Barber Ulrich Junga, der einzige authentische Western-Barbier diesseits des großen Teiches. Er kennt die damaligen Rasurprodukte und deren nicht mehr existente Produzenten und Großhändler sowie die Techniken ihrer Anwendung wie kein Zweiter.
Ulrich, wie bist Du zum historischen Barbieren gekommen?
Alles fing an als Verkäufer auf Mittelalter-Märkten. In den Turnierpausen konnte ich Kunden an den Stand ziehen, indem ich mich selbst rasierte. Das machte Eindruck. Sofort wollten auch Besucher und andere Händler barbiert werden. Es gab also eine Nachfrage. Ich habe rechtlich geprüft, ob es möglich ist und auf dem nächsten Markt damit angefangen.
Jetzt hast Du eine Barbershop in einer Westernstadt. Was macht den Unterschied zum Barbieren auf den historischen Märkten?
Im Wesentlichen ist es die Kleidung. Die Gemeinsamkeit ist, dass ich vollständig historisch arbeite. Das heißt ich benutze keinerlei maschinengetriebenen bzw. elektrischen Schergeräte. Ich verwende Rasiermesser und Hand-Clipper. Das war es.
Was ist das Besondere an Deinem Barbershop?
Mein Barbershop ist gleichzeitig Barbershop in Funktion und Barber-Museum. Einige historische Teile sind reine Exponate, mit anderen arbeite ich noch. So habe ich zum Beispiel die beiden ältesten hydraulischen Barber-Stühle in Deutschland im Einsatz. Die sind noch aus Holz und ich habe sie selbst restauriert. Einer ist von 1898, der andere von 1900, beide von der Firma Koken aus St. Louis. Und erst seit 1895 gab es Stühle dieser Art überhaupt.
Was ist wichtig für die Arbeit mit und an den Kunden?
Der einzige Grundsatz ist, dass es keine Regeln gibt. Auf jeden Kunden muss man sich individuell einstellen. Einige Kunde schlafen auf meinem Stuhl ein, weil die Rasur so entspannend ist. Andere haben zuerst keine Lust und werden von ihren Partnerinnen auf meinen Stuhl gesetzt. Die muss ich erstmal beruhigen. Daneben habe ich Stammkunden, die ihren Personalausweis an der Kasse abgeben und keinen Eintritt für den Park bezahlen, wenn sie sich auf direktem Weg zu mir und zurück zum Ausgang bewegen. Eine Frau und ihre Tochter haben in meinem Laden einmal angefangen zu weinen, weil sie der Duft einer Seife an ihren verstorbenen Ehemann und Vater erinnert hat.
Was ist wichtig für den Umgang mit dem Messer?
Auch hier braucht jeder das Messer, dass zu ihm passt. Jemand mit großen Händen wird ein größeres Messer mit kräftigerem Erl benötigen. Persönlich komme ich mit 5/8 und 6/8 gut zurecht.
Bitte erzähle uns etwas zu dem Rasiermesser, das Du entworfen hast.
Wichtig war mir natürlich, dass das Messer historisch korrekt ist. Das Messer entspricht Böker-Modellen um die 19. Jahrhundertwende. Auch Kunstelfenbein ist für diese Zeit bereits durch erhaltene Kataloge verbrieft. Der damals häufige Barber’s Notch durfte für mich auf keinen Fall fehlen.
Kannst Du das Rätsel für unsere Leser lüften, wofür der Barber’s Notch tatsächlich gedacht war?
Auch ich weiß nicht, welche von den einschlägigen Theorien hierzu die einzig wahre ist. Aus professioneller Erfahrung kann ich aber sagen, dass die Klinge mit seifigen Fingern leichter und sicherer zu öffnen ist. Auch das Arbeiten an der Oberlippe um die Nasenflügel herum ist damit deutlich einfacher.
Wir danken Dir und wünschen allzeit freundliche und zufriedene Kunden und eine sichere Hand.
